Der Minnenmacher ist gerade von Berufs wegen außer Haus, weswegen ich heute Früh ein bisschen Mühe hatte, das Böhnchen, Minne und mich rechtzeitig zum Kindergartenbeginn fertig zu machen.

Also hat Minne kurzerhand auf dem Badezimmerboden gefrühstückt und das Böhnchen selig auf seiner Veilchenwurzel gekaut, während ich bemüht war, möglichst galant die Lücken in meinen 90er-Jahre-überzupften Augenbrauen zu schließen.

Ich stehe also vor dem Spiegel, als es von hinten ertönt: …

„Mama, weißt Du was? Wir haben wirklich immer Glück.“

„Mhstimmt“, murmle ich zurück, und spiele mit dem Gedanken, Eyeliner aufzutragen. „Aber wie kommst Du denn jetzt darauf?“

„Na: bei uns scheint immer die Sonne durchs Fenster. Immer! Und… (er überlegt eine Weile) Und wir haben die Bohne. Und die wird immer größer, obwohl Du das nicht willst, aber ich will schon. (Er lacht) Und wir haben auch immer was zu essen daheim. (Er wedelt mit seinem Brötchen) Und ich habe meinen Feuerwehrmann Sam verloren, aber dafür Cridlington wiedergefunden. Das ist doch Glück, oder?“

Tatsächlich wird mir die Bedeutung dieser Unterhaltung oder vielmehr: Minnes Auffassung vom Leben erst jetzt richtig bewusst, wo ich wieder zuhause am Küchentisch sitze und meine Tasse Tee vor mir immer kälter wird, während ich diese Zeilen zu digitalem Papier bringe.
Ich meine, ich weiß es nicht, ich bin ja selber erst seit fünf Jahren Mutter. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es wirklich von essenzieller Bedeutung ist, seinen Kindern so früh wie möglich und immer und immer und immer wieder klarzumachen, welches privilegierte Leben wir führen.

Wir alle.
Ihr alle, die da mitlest.

Weil: unabhängig davon, ob man im freistehenden Einfamilienhaus oder im 14. Stock wohnt, unabhängig davon, ob man geschiedener Single ist oder als Paar zusammenlebt, unabhängig davon, ob man Vegetarier ist oder freischaffender Künstler und unabhängig von materiellem Haben oder Nichthaben:

Glück. ist. Einstellungssache.

Und wer das Glück hat, der zieht das Glück an.

Da glaube ich fest dran.

Und es ist wichtig, diese Überzeugung so früh wie möglich an seine Kinder weiterzugeben.

Nicht, um überhebliche Arschlöcher groß zu ziehen, sondern um die Welt mit weltoffenen, hilfsbereiten – glücklichen – Optimisten zu besiedeln.
Und wir wissen alle, wie prägend Kindheit ist.

Und wenn man sich erstmal an den Gedanken gewöhnt hat, dass das Leben es _immer_ gut mit einem meint – egal, was passiert – dann ist alles leichter. Viel leichter.

Auch, wenn die eigene Mutter stirbt oder der Bruder oder der Exfreund und auch dann, wenn es erstmal überhaupt nicht danach aussieht: anstatt zu klagen, dass jemand nicht mehr da ist, beispielsweise, besinnt Euch auf die Zeit, die Ihr gemeinsam hattet. Die Euch geprägt hat, die Euch ausmacht, wie Ihr davon profitieren konntet, wie Ihr lernen konntet und daran wachsen.

Freut Euch über das, was war.
Freut Euch über das, was noch ist.

Ich meine: natürlich ist es kackbeschissen, wenn die Oma stirbt. Total. Aber sie hatte ein tolles Leben und sie hatte Euch und Ihr hattet sie und sie hat Euch so viel beigebracht und mitgegeben, dass es irgendwie… Okay ist, dass sie nicht mehr ist. Versteht Ihr? Jeder muss mal gehen, um Platz für Neues zu schaffen. Sonst wird die Welt viel zu voll.

Und irgendwann sehen wir uns eh alle wieder, das wissen wir doch.

Jedenfalls: probiert’s mal aus, es funktioniert wirklich.