Okay. Im letzten Longread ging es um Erziehung und ich habe mir sagen lassen, dass dieses Thema derzeit in aller Munde ist. Dessen war ich mir ehrlich gesagt nicht bewusst; ich lese kaum andere Blogs außer meinem eigenen – und den meist nur zu Korrekturzwecken.

Aber wenn wir gerade bei „in aller Munde“ sind: erinnert Ihr Euch noch an Minnes One-Hit-Wonder „Der Gorilla mit der Sonnenbrille“? Darüber bin ich hier nämlich gerade gestolpert und dabei an seinen Zähnen hängengeblieben. Also, visuell, meine ich.

Guckt mal hier:

 

Zähneputzen war lange ein leidiges Thema, zumindest bei uns daheim.

Tatsächlich habe ich mit meinen Zähnen noch never-not irgendwelche Probleme gehabt, wenn wir von dem einen Mal absehen, bei dem mir mit dem Biss in eine labberige Pizza Margherita unvermittelt ein Stückchen Zahn abfiel.

Ich habe keine Plomben, keine Löcher, kein gar nichts. Entsprechend wenig Angst habe ich auch vor dem Zahnarzt, denn es hagelte Zeit meines Lebens immer nur Komplimente für meine Kauleiste. (Ich sehe schon: es wird tricky, so viele Synonyme für „Zähne“ zu finden, damit sich in diesem Beitrag nicht alles doppelt)

Kann einerseits natürlich daran liegen, dass es die Genetik mit mir gut meinte – wird nicht zuletzt aber auch meiner Mutter zu verdanken sein, die mir bis ins späte Grundschulalter noch allabendlich die Beißerchen putzte. Mit Hingabe. Also: mit sehr viel Hingabe.

Und wie schön, dass ich gleich schon den Bogen schlagen kann: für mich war diese Zeit nämlich wirklich prägend und ich würde lügen, verschwiege ich, durchaus auch im Negativen. Es gab kaum etwas, das ich so sehr hasste wie das tägliche Bürstenschrubben meiner Mama. Obwohl die’s freilich nur gut meinte.

Seinerzeit stand meine Mama regelmäßig hinter mir, mein Genick nach hinten überstreckt, mein Kinn von ihrer linken Hand umklammert noch ein bisschen weiter nach hinten hoch gedrückt, so weit, dass ich gerade noch schlucken konnte. Ich will nicht wissen, wie oft ich geheult habe davor, danach und währenddessen. Ich habe es gehasst, aus tiefstem Herzen verabscheut. Wirklich.

Der Leitsatz meiner Mutter war dabei immer der gleiche, nämlich: „Tessa, neue Zähne sind teuer, die muss man gut pflegen!“ – Als ob mich das hätte trösten können.

Jahre später erzählte ich meinem damaligen Freund davon. Dessen Vater unterhielt eine gutlaufendeZahnarztpraxis mit angeschlossenem Dentallabor. Und damit war er quasi selbst auch vom Fach, so mehr oder weniger halt.

Er musste bei meiner Story herzlich lachen und erwiderte dann schulterzuckend: „Also, mein Vater hat mir während des Zähneputzens immer eine Geschichte vorgelesen. Immer drei Minuten lang, und den folgenden Teil gab es erst am nächsten Abend wieder. Ich fand Zähneputzen immer toll.“

Tja, so hätte es vielleicht auch ablaufen können. Wer weiß, dann hätte ich das regelmäßige Putzen in meiner Kindheit vielleicht nicht in so derart schlechter Erinnerung. Andererseits muss ich sagen: meine Zähne sind und waren schöner als die meines Ex-Freundes, Dentallaborerbe hin oder her.

Mir kam ohnehin irgendwann zu Ohren, dass man Kindern die Zähne (nach-)putzen soll, bis sie einer ordentlichen Schreibschrift mächtig sind, also gut und gerne noch über das Ende der Grundschulzeit hinaus. Die feinmotorischen Fähigkeiten seien bis dahin einfach nicht ausreichend entwickelt und das nötige Gefühl dafür nicht präzise genug, um allein sicherstellen zu können, dass ihre (finde Synonym für Zähne) wirklich anständig sauber werden. Minne und ich handhaben es derzeit so, dass er morgens alleine putzt, und abends putze ich nach.

Die Bohne wartet noch immer mit genau null Zähnchen darauf, imitiert ihren Bruder aber mit einer kleinen, trockenen Dr. Best-Zahnbürste jedes Mal eifrig, wenn wir gemeinsam im Bad die große Zahnputzparty feiern.

Mittlerweile funktioniert das Teufelsthema Zähneputzen und alles, was damit einhergeht, glücklicherweise ohne Probleme. Vor ein paar Jahren noch war daran aber nicht zu denken: jedes Mal gab es großes Geheule, da half auch meine entnervte Horrorstory von den Zahnmonstern nichts – oder meine hilflosen Versuche, an sein Gewissen zu appellieren:

„Schau mal, was Du heute alles gegessen hast: heute Morgen ein Brot mit Honig, später einen Apfel, und dann “ – „Das ist aber alles gesund!“ – „Ja, aber das ist trotzdem Zucker!“ – „Aber das ist gar kein schlimmer Zucker!“ – und ich dann so: „Doch, Mensch, und jetzt mach endlich: AAAA!“

Irgendwann Ende letzten Jahres habe ich dann eine dieser gesponserten Facebookanzeigen mit einem kleinen, bluetoothgesteuerten Zahnbürstenaufsatz in meinen Feed gespult bekommen („Playbrush“, siehe hier: http://www.playbrush.com/de/ ) und war ganz angetan von dem Gedanken, Minne mit Spielen oder Ausmalvorlagen zum freiwilligen Zähneputzen motivieren zu können. (Für die, die es damals nicht mitbekommen hatten: der Aufsatz wird ans Ende einer beliebigen Handzahnbürste gesteckt und funktioniert dann wie ein Joystick, mit dessen Hilfe man während des Putzens Monster jagen, tanzen oder eben Bilder auf dem Telefon (oder dem Tablet) ausmalen kann.)

Für knapp dreißig Euro eine lohnenswerte Investition; wir nutzen unseren Böppel noch immer regelmäßig und haben letztes Jahr zu Weihnachten auch zwei davon an Familienmitglieder im Kindesalter verschenkt. Einziges Minimanko: das Erstellen eines (wenngleich kostenlosen) Accounts ist mittlerweile verpflichtend.

In Sachen Zahnpasta haben wir uns über die Jahre auch schon durchprobiert und sollten am Ende auf Anraten einer befreundeten Zahnärztin eigentlich bei Elmex für Kinder hängen bleiben. In Wahrheit entscheidet aber Minne in der Drogerie, welche es sein soll und gibt der von Oral B, Odol Med 3 oder Signal jedes Mal den Zuschlag, wohl der darauf abgebildeten Drachen, Piraten oder Minions wegen.

Außerdem haben wir uns schon vor einigen Wochen vorbereitet auf Minnes angeblich ersten Wackelzahn und eine Art Schmuckschatulle mit Wachseinsatz für alle rausgefallenen Milchzähnchen organisiert (gefunden bei elementsforkids.de) – war aber leider falscher Alarm. Bislang wackelt zu seinem Leidwesen nämlich noch kein einziger.

Allerdings ist mir nicht entgangen, dass die Milchzähnchen in seinem Mund langsam Platz machen für das, was danach kommt. Insgeheim hoffe ich ja darauf, dass wir mit Zahnlücken noch eine Weile verschont bleiben. Zum einen finde ich sie optisch einfach eher unterdurchschnittlich ästhetisch, zum anderen habe ich Angst, dass er am Ende die gleichen großen Vorderzähne abbekommt wie ich. Gott bewahre!

Jedenfalls: als Minnes erste, kleine Funkelsteinchen im Mund aufblitzten, meinte ich, mich plötzlich sehr gut in meine Mutter hineinversetzen zu können. Das hört sich vielleicht blöd an, aber: seine Zähne sind meine Zähne – und ich könnte abends nicht ruhig einschlafen, wenn ich wüsste, sie wären nicht wirklich richtig sauber. Mir selbst geht es ja genau so: der Abend kann noch so lang oder feucht-fröhlich sein, aber: ich kann nicht einschlafen, wenn ich nicht a.) abgeschminkt bin und b.) meine Zähne geputzt habe.
Ja, ich gebe zu: ich putze Minnes Zähne mit mindestens der gleichen Hingabe nach wie damals meine eigene Mutter bei mir.

Gleichwohl: wenn ich das tue, dann setzte ich ihn währenddessen wenigstens auf meinen Schoß.

Ich könnte mir vorstellen, das ist besser fürs Genick