Vor ungefähr zwei Jahren wurde ich von einer Nachbarin zu einer dieser Thermomix-Partys eingeladen. Mein Interesse daran war ehrlich gesagt eher dürftig, aber weil ich sie mochte, bin ich hingegangen.

Ich fand mich also inmitten einer Handvoll Mittvierziger wieder, die – weil die wenigsten einander kannten – stumm lächelnd um eine große, weiße Kochinsel herum versammelt standen und sich an ihren Sekt- und Orangensaftgläschen festhielten, bis es losging.

Die Repräsentantin von Thermomix – eine aufgeweckte, quirlige Frau mittleren Alters – deutete freudestrahlend auf das Gerät neben sich und durchbrach damit die unangenehme Stille:
„Wissen Sie, was das ist? Das. ist. Ihr. neues. Helferlein. Sie werden so gut wie keine Töpfe mehr brauchen, keinen Reiskocher, keine Waage, keinen Pürierstab, keinen Mixer. Und Sie werden es lieben.“

Die Kontur der Kochinsel lachte verlegen, manch einer nickte auch zustimmend, wohl, um damit zu signalisieren, dass man den anderen Gästen gegenüber mit einen Wissensvorsprung hätte glänzen können.

Und ohne lange drumherum zu reden spannte die Dame von Thermomix einen nach dem anderen in das Kochverfahren von nicht weniger als einem nobel klingenden Vier-Gänge-Menüs ein.

Unter den anwesenden Gästen war auch Berthold, seines Zeichens Mann der Gastgeberin und im optischen Auftreten ähnelte er stark einer Banane: schlank und unsicher und man sah ihm an, dass er nicht oft an die frische Luft kam.

Berthold war nun also an der Reihe und las leise vor, was auf dem Display stand:
„Jetzt einen Hefewürfel hinzugeben.“

Seine Augen suchten – unter den abwartenden Blicken der anderen Gäste – verzweifelt den Hefewürfel auf der großen, mit allerlei Zutaten drapierten Kochinsel.
Und weil er ihn nicht fand – und um ihn nicht allzu ahnungslos aussehen zu lassen – drückte ich ihn ihm lächelnd in die Hand.

Und während er den Würfel auspackte (es schien endlos zu dauern), ging die Dame von Thermomix nochmals auf die Vorzüge des Gerätes ein, genauer gesagt: auf die Wiege-Funktion.
Das wiederum war scheinbar der Auslöser dafür, dass Berthold sich dazu berufen fühlte, den Hefewürfel zwischen den Fingern zu zerbröseln und die Grammzahl dessen genau im Blick zu halten.
Die Umherstehenden wurden langsam unruhig. Es war offensichtlich, dass er keine Ahnung vom Kochen hatte. Noch weniger als ich. Noch weniger als wahrscheinlich irgendwer auf dieser Welt. Armer Berthold!

Und das ging auch nicht an der Repräsentantin vorbei: „Den ganzen! Sie können ruhig den ganzen nehmen!“, säuselte sie im seichten Singsing, ohne dabei ihre selbstbewusste, quirlige Art zu verlieren und auch ohne ihn dabei wie einen Deppen wirken zu lassen.

Sie muss schon in vielen Küchen gestanden haben, ging es mir durch den Kopf.
Und auch: Thermomix. So ein Blödsinn. Entweder man kann kochen – oder man kann es eben nicht. Schaut Euch Berthold an, da hilft auch kein Thermomix.

Am Ende war das Essen zwar gar nicht schlecht – aber ehrlich gesagt auch kein Oberwahnsinn.

Viel gegarter Fisch, gedämpftes Gemüse, irgendein Süßkartoffelpüree. An die Nachspeise erinnere ich mich schon gar nicht mehr. Wohl irgendwas mit Hefe.

Und tatsächlich hätte sich meine Meinung wahrscheinlich auch nicht geändert, hätte nicht ein Jahr später
meine Schwägerin darin die zartesten Kartoffeln von Welt zum Raclette gereicht.

Und tatsächlich hätte sich meine Meinung wahrscheinlich auch nicht geändert, hätte nicht ihr zehnjähriger Sohn binnen zwei Minuten eine unglaublich leckere Zitronenlimonade gezaubert. Aus ganzen Zitronen, aber ganz ohne Sauerei.

Und tatsächlich hätte sich meine Meinung wahrscheinlich auch nicht geändert, hätte nicht mein Schwager davon geschwärmt, wie toll es ist, von unterwegs Rezepte auf den Thermomix zu beamen.

Und tatsächlich hätte sich meine Meinung wahrscheinlich auch nicht geändert, hätte mich meine Freundin nicht zum Frühstück eingeladen und dazu selbstgebackene Vollwertbrötchen serviert. Und zum Mittag Tomatencremesuppe. Und zum Abend auf den Punkt genau gekochten Reis.

Und mir fiel auf, dass nicht ein einziger Besitzer eines Thermomix jemals ein schlechtes Wort darüber verloren hatte. Alle waren zufrieden und auch auf Nachfrage bereute niemand den Kauf.
Viel eher sprachen sie von diesem Küchengerät wie über einen Partner, der vielleicht drei Kilogramm zu viel auf den Hüften hatte, nämlich immer mit einer gewissen Einschränkung, aber äußerst liebevoll: „Ja, ich weiß, der ist teuer – aber ich will ihn wirklich nicht mehr missen.“

Naja, und so kam es also, dass auch ich meine Meinung geändert habe. Ganz zur Freude vom Minnenmacher, der schon vor zwei Jahren mehr als angetan davon war. („Siehste, ich hab’s Dir doch gesagt!“)

Überreicht bekam ich ihn durch eine äußerst aufgeweckte Repräsentantin, die im ersten Leben einen Optikerladen betreibt, mit ihrer zweiten Identität aber seit zwanzig Jahren (!) schon mit dem Thermomix vertraut ist. An einem sonnigen Dienstagmorgen klingelte sie bei mir, unter dem Arm einen großen Karton, und binnen drei Minuten und Dank ihrer routinierten Handgriffe stand das gute Stück auf meiner Küchenzeile und zerkleinerte Tomaten.

„Wir haben ihn! Er ist hier!“, habe ich dem Minnenmacher ganz aufgeregt geschrieben und ein Foto von der Bohne mitgeschickt. „Und guck mal: Schokoladenmousse, selbstgemacht!“

Keine halbe Stunde später hatte der Minnenmacher die ersten Rezepte auf den Thermomix geschubst und einen Essensplan für die gesamte nächste Woche erstellt. Für ihn als gadgetverliebten Gourmet muss ein Traum in Erfüllung gegangen sein, haha.

Aber Spaß beiseite: der Thermomix bietet wirklich ein Plus an Lebensqualität. Zumindest, wenn sich in Deinem Haushalt mehr als eine Person befindet. Vor einer Woche ist er also eingezogen, bringt ordentlich Dampf in die Bude und war bislang tatsächlich täglich in Gebrauch.

Wir haben darin die zartesten Kartoffeln, sämigsten Soßen und sogar ganze Thaicurrys gekocht.
Wir haben Suppen und Smoothies und Brötchenteig zubereitet.

 

Und wir haben ihn Berthold getauft.

 

Der Thermomix samt Cook Key ist von Vorwerk, zu bekommen direkt über thermomix.vorwerk.de. Böhnchens Strampler habe ich bei belloundelsa.de gefunden.