Lasst uns doch mal ganz offen über unsere Figuren nuscheln.
Ich weiß, dass es bei diesem Thema enorm viele Fettnäpfchen gibt, in die man reintreten kann. Aber heute Morgen hatte ich einen Jogginggedanken, den ich gerne mit Euch teilen mag.

Überraschenderweise werden Buh-Rufe nach Bodyshaming nämlich meistens nur in eine Richtung laut. Und zwar dann, wenn man nach einem möglichst sympathischen Synoym sucht, um Menschen zu beschrieben, deren BMI nicht ganz dem des medial geprägten Idealwertes entspricht.

Deswegen jubeln vielleicht auch alle, wenn Karl Lagerfeld plötzlich Beth Ditto als seine neue Muse präsentiert – und zerreißen sich im gleichen Atemzug ungestraft das Maul darüber, dass Celine Dion mit ihren 50 Jahren ihre Brüste noch immer nicht in die Socken stopfen kann. Ungläubiges Kopfschütteln, wenn Drillingsmütter ein Jahr nach der Geburt einen flachen Bauch vorzeigen und erst recht, wenn Frauen, die „eh schon schlank sind auch noch Sport machen.“

Schlanke zu dissen stößt auf große gesellschaftliche Akzeptanz: „Hungerhaken“, „Gebt der doch mal was zu essen!“, „Nur Hunde spielen mit Knochen.“ oder: „Klar, dass Dir immer kalt ist, an Dir ist ja auch nichts dran…“ sind Sätze, die ich mir Zeit meines Lebens in aller Regelmäßigkeit anhören musste.

Dabei bin ich kerngesund und fühle mich sogar ziemlich wohl „als Schneewittchen ohne Arsch und ohne Tittchen“. Denn wo nichts ist, kann später zumindest auch nichts hängen.

Und trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen? – muss ich mich selbst mit über 30 noch für meinen Körper rechtfertigen. (Ausgenommen die Zeit der Schwangerschaften, in denen ich jeweils um die 20 Kilogramm mehr wog, Mühe hatte, mir selbst die Schuhe zu binden und aus einem glänzend runden H2O-Gesicht heraus strahlte.)

Jedenfalls, will sagen:
Nicht jede Frau, die schlank oder sehr schlank ist, hat gleich eine Essstörung. Auch die nicht, die zum Mittagessen mit Freude einen großen Salat mit extra Dressing verschlingen. Genauso wenig, wie Frauen fernab einer Kleidergröße 42 automatisch an Lebensqualität einbüßen. Wie so oft gibt es auch beim Bodyshaming zwei Seiten der Medaille und „Hungerhaken“ ist nicht weniger verletzend als „Moppelchen“.

Wäre also cool, man würde das im Hinterkopf behalten, ehe man jemanden begrüßt mit den Worten: „Ein Windhauch und Du fliegst davon!“, weil: „Heeey Anna! Fett biste geworden!“ sagt ja auch niemand. Auch nicht zum Spaß.