Kürzlich saß ich mit meinem Mann beim Abendbrot, und wir kamen so im beiläufigen Gespräch von Hölzchen auf Stöckchen und irgendwann beschäftigten wir uns mit der Frage, ob Mütter eigentlich aufgehört haben, auf ihre innere Stimme zu hören.

Aufhänger für dieses Gespräch war die Tatsache, dass ich mich einige Zeit zuvor dabei ertappte, zu googeln, ob ich Minne mit seinen sechs Jahren schon eine etwa 300 Meter lange Strecke allein zutrauen darf oder nicht.

Der Herr des Hauses fühlt sich weit seltener kritisiert als ich – egal, was er trägt.

Als Mutter, beziehungsweise in meinem sozialen Kontext als solche, begegnen mir oft Situationen, in denen meine Intuition eine Rolle spielt. Denn mindestens genauso häufig tun sich auch Momente auf, in denen ich mich plötzlich unsicher, angegriffen oder unterschwellig kritisiert fühle.

– Sei es, dass die Dame auf der Spielplatzbank links von mir ihre selbstgebackenen Dinkelkekse und Apfelschnitte reicht, während ich gar nichts dabei habe.

– Sei es, dass ich die Bohne in einer Trage von BabyBjörn umherschaukle und damit böse Blicke der Tragetuchfraktion ernte.

– Oder sei es, dass ich darauf verzichte, Minne nach dem Besuch im Hallenbad die Haare zu föhnen oder eine Mütze aufzusetzen, obwohl es draußen kalt ist.

Situationen, in denen man mir als Mama ans Bein pinkeln könnte, gibt es viele.
(Es ist inzwischen übrigens mehrfach widerlegt, dass man von nassen Haaren schneller krank wird.)

Die Frage, die sich mir stellt, ist: Werde ich in diesen Momenten wirklich kritisiert und be- oder verurteilt – oder aber ist dieses Gefühl der Verunsicherung mehr darauf zurückzuführen, dass ich mich nicht (mehr) auf meine innere Stimme verlasse(n kann)?

Ich meine, ich persönlich habe zum Beispiel absolut überhaupt gar nichts an meiner  BabyBjörn-Trage auszusetzen: Sie ist atmungsaktiv, sieht gut aus, ist stabil und robust – und das Wichtigste: die Bohne fühlt sich darin pudelwohl. Gleichzeitig weiß ich aber, dass es Mütter gibt, denen beim Anblick einer solchen Trage nur ein paar überholte Studien einfallen und das deswegen völlig anders bewerten. Und nicht selten kommt es mir so vor, als begegne man mir mit einem gewissen Unglauben, sobald ich damit über den Spielplatz laufe.

Andererseits: Es könnte doch theoretisch sein, dass ich mich oftmals kritisiert fühle und denke, schiefe Blicke wären vermeintlich an mich adressiert, obwohl das eigentlich gar nicht der Fall ist. Wisst Ihr, worauf ich hinaus will?

Wie man Kinder am besten groß zieht, darüber streiten sich die Geister. (Bild: Ball von Woolworth, Babywippe „Bliss“ von Baby Björn, Teppich von Benuta, Schrankserie „Stuva“ von Ikea.)

Also lasst uns mal versuchen, das Ganze aus einer etwas optimistischeren Perspektive zu sehen, denn letztlich kann das Getuschel hinter anderer Leute Rücken ja durchaus auch eine Anerkennung für das eigene Selbstbewusstsein sein.

Wie würden solche Fälle also aussehen, wenn man sie mit einem gesunden, aber keineswegs überheblichem Selbstbewusstsein betrachtet? Von dieser Warte aus gesehen – wenn ich meinen Instinkt, was meint: meine Intuition also nicht anzweifle sondern stattdessen zu ihm stehe und meine Entscheidungen selbstbewusst nach außen trage – zeigt sich relativ schnell: Das soziale Umfeld reagiert nahezu immer positiv darauf und fühlt sich hier und da vielleicht sogar inspiriert, es einem gleich zu tun und ebenfalls auf eine Intuition zu vertrauen.

Bewundert nicht insgeheim jeder diejenigen, die auch allein auf weiter Flur Haltung beweisen oder mutig voranschreiten? Diejenigen, die als Erste die lange Tunnelrutsche herunterrutschen, bevor man sich selbst traut? Die, die bei einem Konzert ausgelassen tanzen, während man schüchtern von einem Bein auf das andere wippt, aus Angst, jemand könnte einem fehlendes Rhythmusgefühl unterstellen? Die, die bei einer Demonstration ihr Transparent als die Ersten hochhalten? Julian Assange?

Ich glaube, man kann als Mutter durchaus Dinge tun, die gesellschaftlich nicht (sofort) akzeptiert werden, solange man dabei auf sich selbst vertraut. Ich weiß, dieser Satz klingt irgendwie cheesy – aber so ist es doch.

Ich beispielsweise würde nicht ausschließen, dass mein Kind irgendwann mal so viele Süßigkeiten isst, bis es davon kotzt. Vielleicht sogar zwei-, dreimal hintereinander. Solange das kein Dauerzustand ist – okay. Gleiches gilt für die Teufelsthemen Fernsehen oder iPad: Hand aufs Herz, wer parkt das Kind nicht mal eine Stunde davor, um sich im Bad in Ruhe die Beine enthaaren oder ungestört mit einer Freundin telefonieren zu können?
Aha. Und weswegen fällt es dann so schwer, dazu zu stehen?

Mit Essen spielen? Wenn’s danach im Magen landet: meinetwegen.

Und weswegen sollte ich ein schlechtes Gewissen haben, wenn sich mein Kind an meinen Körper schmiegt und wohlig und selbstzufrieden einschläft, während es sanft von mir umher geschaukelt wird? Kann nich falsch sein. Weigere ich mich.

Es hat also Sinn, hier und da mal die Perspektiven zu wechseln und sowohl Kritisches als auch Unkritisches zu hinterfragen: „Ist das konstruktiv? Kann ich diese Kritik verwandeln, um mich selbst weiterzuentwickeln – oder will ich bewusst zu dieser Entscheidung stehen?“
Aber auch: „Sind Lob und Zuspruch, die mir gerade widerfahren, wirklich gerechtfertigt?“

Ich rede nicht davon, stur und beratungsresistent zu sein. Aber letztlich haben wir alle dieses Bauchgefühl, das uns sagt, was richtig ist und was falsch. Unglücklicherweise lassen wir uns nur so oft leiten und verunsichern von Babybibeln, Altersangaben auf Spielzeug und vielleicht unserer Schwiegermutter. Diverse Male habe ich mich schon in Situationen erwischt, in denen ich reagierte, wie ich für mein Umfeld reagieren zu müssen glaubte – anstatt zu dem zu stehen, was ich selbst für gut und richtig gehalten hätte.

Die Herbstkollektion von BabyBjörn trägt passenderweise den Namen „Be You“.

Wenn man es also schafft, sowohl kritische als auch unkritische Bemerkungen in etwas Konstruktives zu verwandeln, dann – glaube ich – garantiert das ein langes, depressionsarmes Leben.

Ich für meinen Teil bin jedenfalls saumäßig dankbar für mein Bauchgefühl, das mich in den aller-allermeisten Fällen auch nicht enttäuscht hat. Es hält mich beispielsweise fern von Leuten, von denen ich glaube, dass sie mir nicht guttun und schafft so kontinuierlich Platz für Optimismus. Und es zeigt, dass man – trotz Kritik – offen für tolle, neue Menschen sein kann. Das erfordert Mut und Arbeit. Aber es lohnt sich.

Pregnancy Glow? In Wahrheit nur Frittenfett.

Halten wir also fest: Die Mischung aus Intuition und Optimismus ist letztlich ein Garant für ein überwiegend zufriedenes Leben, das genug Raum lässt für Neuentdeckungen und Weiterentwicklung. Zusätzlich hilft es dabei, Hürden zu überwinden und auch schlechte Zeiten durchzustehen. Und ich meine: Wenn jeder optimistische Mensch auch nur einen einzigen anderen Menschen mit seinem Optimismus anstecken kann – was ist die Welt dann bitte für ein schöner Ort?

Am meisten erreicht und bewirkt man, wenn man sich auf sein Bauchgefühl verlässt.
Und dazu stehe ich.