Unterwegssein mit der Bohne ist inzwischen deutlich nervenaufreibender geworden als Unterwegssein mit Minne: Mit nahezu sieben Jahren geht man nämlich nicht mehr so einfach verloren. Man kann oftmals schon schwimmen, läuft also nicht Gefahr, gleich abzusaufen, sobald man auch nur einen Fuß in die Pfütze setzt, und man weiß für gewöhnlich, dass man nach links und nach rechts schauen muss, ehe man hastig und aufmerksam die Straße überquert.

Minne hat einen besseren Orientierungssinn als ich (was keine Kunst ist, denn meiner gleicht dem einer Bratwurst), und er ist im Zweifel auch mit genügend Selbstbewusstsein ausgestattet, um jemand Fremdes anzusprechen und nach einem Pflaster, einem Kühlpad oder seinen Eltern zu fragen.

Anders sieht alles das derzeit aus mit dem unbeschwerten Herrn Bohnenmeier:

Ein zweijähriges Erdenbürgerdasein hat nämlich, so niedlich es sich auch gebärdet, durchaus seine Schattenseiten zu bieten. Ich glaube sogar, auf der mütterlichen Angstskala lässt mir diese Altersperzentile das Blut in den Adern bislang am schnellsten gefrieren:

Bohnens Aufmerksamkeitsspanne gleicht der eines Vögelchens und Spielen im Sandkasten oder Schaukeln sind immer nur wenige Augenblicke fesselnd.

Und dann – schwupp – büxt er plötzlich aus. Strahlend, eilig und lautlos hin zu Gewässern, Parkplätzen, Straßen, hinein in Menschenmengen… Binnen Sekunden auf und davon!

Gestern habe ich ungelogen bestimmt zwanzigmal eine Unterhaltung mit einer Bekannten auf dem Spielplatz unterbrochen, um ihm hinterherzuhechten. Denn kaum verschwindet er aus meinem Blickfeld, dann ist er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch wirklich, wirklich weg.

Und vielleicht kennt Ihr dieses Gefühl der Hilflosigkeit, das sich breit macht, wenn man um die Ecke lunzt und das Kind nicht mehr erspäht: Das Herz rast, die Stimme wird heller und überschlägt sich und alle möglichen Horrorszenarien schießen einem durch den Kopf.

Jeder Schritt zählt.

Und obwohl ich inzwischen kaum mehr zu meiner allabendlichen Joggingrunde komme (was meint, dass ich derzeit eher nach dem Motto: „Nur noch zweimal Joggen, dann ist schon wieder Weihnachten“ lebe), tue ich als Mutter jeden Tag unzählige Schritte. Nicht nur der Bohne hinterher, sondern auch zum Supermarkt, zu Elternabenden, auf Spielplätzen, Erdbeerfeldern, zu Kindergeburtstagen, zur Arbeit, ins Bad, ins Kinderzimmer, zum Babybett – und wieder zurück. Allein bis zu Bohnens Mittagsschlaf habe ich laut App fast 4.000 Schritte auf dem Tacho!

Auch der Inhalt meines Schuhregals hat sich mit der Geburt meiner Kinder geändert und sich so gut es geht (haha, Wortwitz!) meinen jetzigen Lebensumständen angepasst: Ich verzichte in meinem Alltag seit geraumer Zeit auf Schuhe zum Binden und auf Schuhe mit Absatz sowieso. Weniger aus ästhetischen Gründen als vielmehr aus praktischen.

Ich meine: Als Mutter – und insbesondere als Mutter eines kleinen Kindes – ist man permanent in Habachtstellung. Ihr versteht mich, denn wir sitzen alle im selben Boot.
Man lebt im Grunde in einer Art Jump’n’Run-Spiel, man muss ständig aufspringen und hinterherrennen, denn man ist unentwegt dabei, diese kleinen Stöpsel vor zerbrechlichen, pieksenden, giftigen oder sogar todbringenden Gegenständen und Orten fernzuhalten und sie halbwegs wohlbehalten durch diese sehr schöne, aber zugegebenermaßen eben auch sehr anstrengende Welten-Erstentdeckerphase zu manövrieren.

Ideal haben sich für mich deswegen inzwischen Flipflops für See- und Schwimmbadtage geoutet, halbhohe, wasserfeste Schlupfstiefel für Herbst und Winter und geschlossene, aber luftige Espadrilles (meine sind aktuell reduziert und kosten keine 40,00 Euro!) für alles dazwischen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Sie sind bequem und robust, sie drücken und rutschen nicht (was meint, man kann auch mal ein paar Schritte darin rennen, ohne gleich einen davon zu verlieren) und last but not least: Sie sind in Windeseile an- und genauso schnell auch wieder ausgezogen. Tagsüber schwitzt man nicht darin, abends wird’s einem nicht so flink kühl. Espandrilles wirken sowieso unaufdringlich feminin, ohne dabei aber zu tussig zu sein.

Und obwohl ich weiß Gott alles andere als ein Fashion-Guru bin, muss ich sagen: Sie passen auch zu nahezu allem, was mein Kleiderschrank dieser Tage so hergibt:
Lange Jeans, gekrempelte Jeans und kurze Shorts, luftige Kleider, dicke Wollcardigans, zu Blusen, Oversize-Pullovern und zu T-Shirts. Mit ihnen schlendere ich gemütlich über den Fliesenboden im Supermarkt und eilig über die Sandauslage auf Spielplätzen. Man nicht ist nicht overdressed bei einem Geburtstag, aber auch nicht underdressed, wenn man zu einer offiziellen Veranstaltung wie einer Firmenfeier geladen wird.
Kurzum: Sie passen eigentlich immer. Espandrilles for President!

Was die Bohne angeht, so muss ich sagen:
Die Zeit, als er noch als hilfloses Windelpaket im Bettchen lag und sich nur mit Mühe von links nach rechts drehen konnte, war – in Hinblick auf meine Laufleistung – sicherlich entspannter.

Aber sein ungebrochener Entdeckerwille und seine permanenten Ausbüxversuche (und ich finde, die Bezeichnung „ausbüxen“ passt in dieser Lebensphase so gut wie niemals sonst) sorgen dafür, dass ich heute plötzlich wieder Dinge wahrnehme, an denen ich sonst schon seit Jahren wieder abgestumpf vorbeigelaufen bin: Marienkäfer auf einem Grashalm, zum Beispiel. Oder ein Spinnennetz, das von der Sonne angestrahlt wird.

So nervenaufreibend es im Moment also auch sein mag, die Bohne ständig im Blick zu behalten, so magisch ist diese Zeit auch. Denn er lässt mich teilhaben an seinen Entdeckungen, er macht mich zu seinem Mitbüxer wider Willen, und was sich für mich im Alltag oftmals nur wie reines Hinterhergerenne anfühlt, erschließt sich mir am Abend als eine täglich neue Welt für ihn.

Ich meine: Dann, wenn die Schuhe im Regal stehen und die Jungs im Bett liegen. Dann, wenn der Tag zu Ende geht und sich alle ausruhen.

Und ich barfuß weitermache.

 

Diese Publikation wurde freundlich unterstützt von Josef Seibel. Die butterweichen Espadrilles findet Ihr hier.