Familienurlaube kosten Geld.
Manchmal sogar schweineviel Geld. Und mit jedem zusätzlichen Kind wird es nicht gerade günstiger, da erzähl’ ich den meisten von Euch sicher nix Neues.

Nach meiner Erfahrung geht der Großteil der Portokasse oftmals aber für das zusätzliche Rahmen- und Unterhaltungsprogramm drauf.
Man denke nur an eine Familien-Tageskarte fürs Spaßbad oder an die gepfefferten Eintrittspreise für einen Nachmittag auf der Schlittschuhbahn. Wirste arm bei!

Der Tourismusverband Ruhpolding hat uns eingeladen, die Gegend rund um die Chiemgauer Alpen zu erkunden. Die Unterkunft wurde uns gestellt und alles weitere schien auf eine saftige Milchmädchenrechnung rauszulaufen, denn wir wollten ja was erleben.
Aber: Wir hatten ein Ass im Ärmel. Nämlich: Die Chiemgaukarte.

Vorweg lasst mich sagen: Die Chiemgauer Alpen und alles, was so drumherum liegt, bieten unfassbar viel Programm. Und mit eben dieser Chiemgaukarte erlebt man alles das ohne Mehrkosten.
Einzige Voraussetzung: Man bleibt mindestens eine Nacht lang in einem Hotel in Inzell oder Ruhpolding, das eben diese Chiemgaukarte anbietet – was zugegebenermaßen aber alles andere als eine Schwierigkeit darstellt, weil sich eben zahlreiche Hotels für jeden Geldbeutel an dieser Aktion beteiligen.

Und so stand uns mit der Chiemgaukarte im Gepäck quasi Tür und Tor offen, um so ziemlich jedes Highlight ohne Zusatzkosten auszuprobieren, das es dort gibt. Und wenn man das weiß, dann macht es umso mehr Freude, alles das auch wirklich anzuschnuppern.

Gipfelstürmer, Kulturfreunde, Sport- und Actionfanatiker kommen dort voll auf ihre Kosten: Von der freien Nutzung diverser Ski- und Sessellifts, Seil- und Bergbahnen über freien Eintritt in die Eishalle, die Tennisanlage, ins Holzknecht- und Naturkunde-Museum bis hin zu Halbtageskarten fürs Hallenbad oder die Saunalandschaft gibt es so ziemlich nichts, das man in den Chiemgauer Alpen mit Chiemgaukarte noch bezahlen muss, wenn man etwas erleben will. Ob mit keinem oder mit fünf Kindern und egal zu welcher Jahreszeit.

Ich habe eben mal nachgezählt: Ganze 35 Betriebe aus den unterschiedlichsten Sparten beteiligen sich daran.

Und schon, wenn man an der Kasse der Rauschbergbahn ansteht – das ist eine Luftseilbahn, also eine Art einzelne Gondel, die unfassbar steil unfassbar hoch fährt, nämlich 1650 Meter auf den Rauschberg – weiß man sie zu schätzen. Eltern und Kinder kosten für Berg- und Talfahrt ansonsten nämlich familienkassenlöchernde 50,00 Euro.

Auf dem Rauschberg gab es im Dezember allerfeinsten, tiefen, unberührten Schnee gepaart mit echter Wintersonne und ausschließlich gut gelaunten Leuten. Am Einstieg hatten wir uns gegen eine Kaution zwei Schlitten ausgeliehen und sind dann bis fast Betriebsschluss oben geblieben, weil keiner der großen Männer sich von dieser Aussicht trennen konnte.

Wollt Ihr mal gucken?

Hier:

 

Tags drauf sind wir mit den Hochfelln-Seilbahnen noch einmal rauf ins Winterwunderland. Die Aussicht ungebrochen schön, die Auffahrt in etwa 20 Minuten (mit Zwischenstopp) schon ein Erlebnis für sich genommen. An der Kasse erneut 67,00 Euro für die Familie gespart, weil Chiemgaukarte aus dem Portmonee hervorgezaubert und dem Herrn am Kassenhäuschen triumphierend unter die Nase gehalten.

Ich weiß nicht, wann die Bohne das letzte Mal in der Trage eingepennt ist, aber dort oben tat sie es und ich hab’s richtig genossen, wenngleich meine Schultern am Abend etwas anderes dazu sagten.

Danach wollte Minne unbedingt noch Schlittschuhlaufen gehen. Also haben wir die Max Aicher Arena angesteuert, die uns – weil Chiemgaukarte – ebenfalls Eintritt für lau gewährte. Und: Die Max Aicher Arena gilt als eine der modernsten Eisschnelllaufarenen der Welt.

Die Bohne wackelte zum ersten Mal in Miniaturschlittschuhen (Kleine 25; für ihn aber noch immer drei Nummern zu groß) auf dem Eis umher, klammerte sich die ganze Zeit an mich und einen für Kleinkinder zur Verfügung gestellten Stuhl und rief: „Sneller, Mama! Sneller!“
Es war ein Bild für die Götter!

Und Minne legte sich ungefähr dreiundzwanzigmal auf den Po, hatte aber schnell verstanden, dass es allen drumherum nicht wesentlich anders ergeht und nahm es deswegen wie ein Stehaufmännchen mit roten Bäckchen und Humor.

Als wir wieder im Auto saßen und eigentlich zurück ins Hotel fahren wollten, erinnerte ich mich an den Keramik-Workshop, der ebenfalls in dem Chiemgaukarten-Flyer aufgelistet war, den uns das Hotel aushändigt hatte. Und weil wir sowieso gerade in Inzell waren und der Workshop keine fünf Minuten entfernt lag, sind wir auch dort noch mal auf gut Glück eingekehrt. Jeder der Jungs durfte sich aus einem schier riesigen Rohkeramiksortiment etwas aussuchen und es nach Herzenslust bepinseln.

Und drei Tage später hielten wir dann einen großen, von Minne höchstpersönlich gestalteten Keramikbecher in den Händen, dessen Verzierung entfernt an eine Pommesgabel erinnern sollte. Gedacht als „Familienbecher für Apfelsaft, Tee und Wein“.
(Weil Minne sich die größte Tasse aussuchte, mussten wir ein bisschen was zuzahlen, bekamen mit der Chiemgaukarte aber einen satten Rabatt und Bohnens kleine Fliesen kosteten sogar gar nüx.)

Na, und weil’s dann eh schon dunkel war, und mein Mann gelesen hatte, dass es in Ruhpolding eine Skipiste gibt („Skiarena Westernberg“), bei der man immer dienstags und freitags unter mystischem Flutlicht fahren kann, sind die Jungs kurzerhand auch noch mal auf die Bretter gestiegen. Es war schließlich unser einziger Freitag dort – und ich bin bei drei Männern sowieso immer gnadenlos überstimmt.

Kurzum: Unser zweiter Tag im Chiemgau war vollgepackt von Anfang bis Ende – aber alles das war nicht durchgetaktet, sondern ergab sich irgendwie einfach so. Und ich gebe zu: Besagte Chiemgaukarte verleitet eben auch dazu, innerhalb des Reisezeitraums möglichst viel auszuprobieren und zu erleben.

Deswegen, falls Ihr damit liebäugeln solltet: Eine Woche wird garantiert nicht langweilig!

Die Erkenntnis des dritten Tages lautete: Hitler war ein Depp (O-Ton Minne) und die Rossfeldpanoramastraße sieht auch bei Nebel traumhaft aus.

Auf dem Weg zur Dokumentation Obersalzberg – Hitlers ehemaligem Feriendomizil – sind wir eben diese Panoramastraße nämlich in Richtung Berchtesgaden abfahren. Trotz dicker Puderzuckerwolken haben wir alle paar Minuten angehalten und ein paar Ooohs und Aahs am Straßenrand zurückgelassen. Und mit der Chiemgaukarte im Gepäck – Ihr könnt’s Euch denken: Zack, die volle Mautgebühr gespart!

Außerdem haben wir auf Anraten zweier Leserinnen einen Abstecher zur „Windbeutelgräfin“ unternommen, was – neben dem Chiemgaucoaster und der Tasse – auch so ziemlich das einzige Erlebnis war, für das wir fünf Euro extra haben hinblättern müssen. Und ey: Die Jungs und ich haben den größten Windbeutel gegessen, den wir je gesehen haben! (Und wer es schafft, drei Windbeutel in Reihe zu essen, der bekommt den vierten geschenkt, raunte man uns zu. Aber ich meine: Wie bitte?)

In jedem Urlaub versuchen wir auch immer, eine Prise klassische Kultur einzustreuen. Und so durfte sich Minne eines von mehreren Museen raussuchen, das wir gemeinsam besuchen wollten. Seine Wahl fiel ohne Umschweife aufs Mammutmuseum, denn in den Tagen zuvor hatte Minne ein großes Mammut am Straßenrand gesehen – und große Knochen von alten Tieren üben eine magische Faszination auf ihn aus.

Nur spaßeshalber habe ich am Eingang mal auf die Preisliste geschaut, kurz geschluckt – und dann wieder mit der Chiemgaukarte gewedelt.

Win-Win für alle von uns, denn mit zwei vergleichsweise kleinen Kindern weiß man ja eh nie so recht, wie lange sie sowas tatsächlich fesselt und ärgert sich dann vielleicht darüber, wenn sie nach einer halben Stunde doch schon wieder raus wollen.

 

Draußen fielen bereits neue Schneeflocken vom Himmel herab, und weil so ein Besuch im Museum für gewöhnlich hungrig macht, sind wir am späten Mittag in ein Restaurant eingekehrt, das direkt an einer beliebten Rodelpiste liegt. Nämlich das im Inzeller Ortsteil Adlgaß.

Das Essen war ehrlich gesagt nicht mehr als Klischeekost für Durchgangstouris – aber allein für die Rodelbahn hatte es sich schon wieder gelohnt: Ewig lang, idyllisch eingebettet zwischen riesigen Schneetannen und bestens präpariert. Leider hatten wir keine Schlitten dabei, aber: Wir hatten unsere Chiemgaukarte, und die wiederum ließ sich wie durch Zauberhand in drei Schlitten umtauschen.
(Kostenlos, klar.)

Zum Aufwärmen sind wir schlussendlich noch ins gut beheizte Vita Alpina Erlebnisbad gefahren und haben auch dort zu später Stunde noch mal reingeschnuppert.

Und das ist nach meinem Dafürhalten ein weiterer Pluspunkt der Chiemgaukarte: Selbst, wenn einem ein Programmpunkt zu voll erscheint oder aus irgendwelchen anderen Gründen nicht zusagt, hat man nicht das Gefühl, zwanghaft dort abhängen zu müssen, nur, weil man eben 40,00 Flöten am Eingang gelassen hat. Wenn‘s einem nicht gefällt, die Kids müde sind, man Hunger bekommt oder was auch immer sonst passieren könnte – dann fährt man eben einfach weiter und probiert was Neues aus.

Obwohl wir uns wirklich die größte Mühe gegeben haben, möglichst viel auszuprobieren, haben wir nur einen Bruchteil dessen geschafft, was das Chiemgau und die Chiemgaukarte anzubieten haben. Auf unserer Rückreise tat sich bei Minne dann doch noch ein kleiner Wermutstropfen auf: Er hätte gerne noch den Fußballgolf- und Soccerpark ausprobiert, der aber hat nur von April bis Oktober geöffnet.

Also haben wir haben gesagt: Wer weiß, vielleicht kommen wir im Sommer noch mal wieder…