Ich habe meine beiden Schwangerschaften wirklich zu jedem Zeitpunkt genossen.
Oder, sagen wir: zumindest war das immer mein Ziel.

Obwohl ich mir sowohl bei Minne als auch beim Böhnchen anfänglich die Seele aus dem Leib gekotzt habe, danach unter Sodbrennen des Todes litt und schlussendlich zu fett war, um mir noch ordentlich die Schuhe zu binden, muss ich sagen: ich war selten so selbstsicher, so stolz auf mich und so sehr im Reinen mit mir wie damals.

Aber auch die Angst war während der Schwangerschaft ein ständiger Begleiter: was, wenn irgend etwas schief geht?

Nächtelang habe ich wachgelegen und Schokolade gegessen und mich gesorgt oder geheult oder mir die übelsten Szenarien ausgemalt. Merk ich’s noch? War das ein Tritt? Was, wenn ich morgen zum Frauenarzt gehe und der keinen Herzschlag mehr hört? Wie würde ich mich dann fühlen? Würde ich das aushalten können? Würde er das aushalten können? Würde unsere Beziehung das aushalten können?

Und tagsüber war ich die meiste Zeit so müde und so matt im Kopf, dass ich nicht viel mehr tun konnte als mich durch zerknitterte In-Touch-Magazine zu blättern, die Drogerie zu schlendern oder zur Ablenkung große Legotürme zu bauen. Berieseln lassen. Wenn es irgendwie ging, dann habe ich mich berieseln lassen.

Und immer wieder habe ich mich innerlich ermahnt: genieß es!

Du musst das mehr genießen! Du genießt es nicht richtig! Du wirst nicht ewig schwanger sein und alles, was dann noch bleibt, wenn das Kind erst mal auf der Welt ist, ist die Erinnerung daran, wie Du Dich damals gefühlt hast, als das Baby noch in Deinem Bauch war.

Und alles das werden Gedanken voller Sorge sein. Aber das wird dem doch nicht gerecht, so geht doch kein Schwangersein. Genieß es! Du musst das mehr genießen!

Und ich war so beschäftigt damit, mich daran zu erinnern, diese Zeit zu genießen, dass ich mich eigentlich mehr dazu ermahnt habe, als es wirklich zu tun.

Es kostete jedes Mal aufs Neue Überwindung, das Glück anzunehmen und sich sicher zu sein, dass alles gut ist und dass alles gut bleibt und dass alles auch in Zukunft gut sein wird.

Und irgendwann, eines Abends, da drehte ich die Frage in meinem Kopf einfach um:

Was, wenn alles gut geht?

Ja, ich gebe zu, das ist nicht unbedingt eine intellektuelle Meisterleistung.

Aber so simpel es war: es dauerte Monate, bis mir dieser Gedanke kam.

Und fortan habe ich mir die schönsten Momente vorgestellt und wie das Kind wohl aussehen würde und wie wir es rufen würden und wie ich es im Kinderwagen stolz umherschieben würde und wie es durch den Garten flitzen würde und was ich ihm alles beibringen würde und all dieses. Und das half. Wann immer schlechte Gedanken aufkamen, klammerte ich mich an meinen hellblauen Strohhalm und fing an zu träumen.

Und am Ende?

Ging tatsächlich alles gut. Natürlich ging es das.

Leicht geschüttelte fünfzig Zentimeter und zweitausendsiebenhundertundvierzig Gramm pures Glück hielt ich in den Armen.

Und wenn ich jetzt an meine Schwangerschaft zurückdenke, muss ich sagen: doch, eigentlich habe ich sie sehr genossen. Vielleicht nicht zu jedem Zeitpunkt. Aber das gehört eben auch dazu.

 

Wenn alles gut geht.