Dass ich mir die Bohne irgendwie immer so ganz anders vorgestellt habe, als sie jetzt tatsächlich aussieht, das hab ich Euch schon mal erzählt, oder?
Wobei, wartet: ich muss anders anfangen, weil: eigentlich hatte ich mir Minne nämlich immer ganz anders vorgestellt. Mit vielen, dunklen Haaren, einem dicken Kussmund und ganz zart geduldig und ach!
Naja, und dann kam er auf die Welt.
und er hatte so ungefähr null Haare und die wenigen, die da waren, die schimmerten nach einigen Wochen sogar noch rötlich durch. Nix gegen rote Haare. Aber ich hab halt keine und der Minnenmacher auch nicht.
Und als ich dann mit dem Böhnchen schwanger wurde und klar war, dass es sich um einen zweiten Jungen handelt, da dachte ich so bei mir: okay, Tessa, Du weißt ja, wie das läuft: er wird nahezu glatzköpfig sein, das Rot weicht irgendwann einem Blond und trotz der Tatsache, dass diese Kinder Deine Bikinifigur ernsthaft gefährden, werden sie aufgrund der fehlenden optischen Ähnlichkeit niemals für Deine eigenen gehalten werden. Vergebliche Liebesmühe, quasi.
Aber wenn man das weiß, dann ist man darauf vorbereitet.
Also habe ich mich darauf eingestellt, eine Art zweiten Minne zu bekommen: laut, fröhlich, anfangs ohne Haare und Junge durch und durch.
Und dann lag ich dort in diesem OP-Saal und witzelte mit dem Anästhesisten und plötzlich hielt mir jemand das Böhnchen übers Tuch.
Während Minne damals nur ein leises Quaken von sich gab, hörte man von der Bohne keinen Ton.
Und alles, was ich sah, waren ein Paar große Augen, die mich aufmerksam und durchdringend anblickten.
Und normalerweise ist man ja irgendwie emotional und ergriffen und fängt an zu weinen und all dieses.
Aber zum einen war es meinem Hirn irgendwie nicht möglich, innerhalb von Sekundenbruchteilen von Anästhesistensmalltalk zu Blinddateromantik zu switchen – und zum anderen habe ich auch einfach nicht mit einem italienischen Pizzabäcker gerechnet. Eher mit so einer Art eingelegter saurer Gurke.
Und deswegen war alles, was ich sagen konnte, ungefähr sowas wie: „Oh! … Oh. OH! Was… Was hat der denn für Haare? Wo hat er denn die Haare her? Aber das ist jetzt schon meiner, oder?“
Und Böhnchens erste Lebensminuten waren begleitet von lautem Gelächter im OP-Saal.
Wenn ich gewusst hätte, dass Böhnchens Haupthaar ab diesem Moment und bis heute wirklich täglich Thema sein würden, ich hätte noch im Operationssaal eine Spardose aufgestellt und für jeden Kommentar einen Euro genommen. Und kein Witz: ich hätte Studium, Führerschein und Auto schon jetzt raus.
Für beide Jungs, die sich unähnlicher nicht sein könnten.
