Gestern Abend lag ich im Bett und konnte nicht schlafen.

Ich weiß gar nicht so genau warum, aber ich war irgendwie unzufrieden.

Instagram hat inzwischen einen spürbaren Platz in meinem Leben eingenommen und bei allen positiven Aspekten, die diese Plattform für mich mitbringt: sie kann auch aufwühlen.

Natürlich inszeniert jeder sein Leben dort anders – aber es ist und bleibt eben eine Inszenierung und sollte deswegen auch nicht als Bewertung der Lebensleistung herhalten müssen.

Als ich vor zweieinhalb Jahren mit Instagram anfing, da dachte ich: wenn Du bis zum Ende des Jahres einhundert Follower hast, dann bist Du wirklich gut. Dann hast Du einhundert Leute, die Dich theoretisch beim Sportunterricht von der Bank wählen würden.

Und leise: die vielleicht sogar Deine Gedanken teilen oder Deine Passionen oder Deine Sicht aufs Leben.

Es muss da draußen ja auch irgendwen geben, der Dir nicht unterstellt, Du hättest einen Tochter-Komplex, nur weil Dein Sohn lange Haare trägt.

Es muss da draußen ja auch irgendwen geben, der Dich nicht dafür verteufelt, wenn Du sagst: ich ernähre meine Kinder vegetarisch. Oder: ich bringe ihnen bei, dass Homosexualität exakt das gleiche ist wie Heterosexualität. Und dass es dazu gar keiner weiteren Fragen bedarf.

Und vielleicht kann man sogar ein paar dieser Leute anstecken mit seinem eigenen Optimismus oder ihnen zumindest die Angst nehmen vor Dingen, die sie noch nicht kennen, aber man selbst schon.

Jedenfalls habe ich mich gestern Abend irgendwie blöd gefühlt. Ich war plötzlich so satt und so genervt von diesen immergleichen Schminktutorials und den achthundertachtundzwanzigtausendsten Bisgaard-Schühchen, die vor viel überbelichtetem Weißraum von einer Daniel Wellington-Hand in die Lüfte emporgehoben wurden, dass sich das Ablenken vom Einschlafen zu einem unguten Gefühl von unbedeutender Austauschbarkeit und Leere mauserte. Es kam auf leisen Sohlen daher, war aber dennoch laut genug, um von mir bemerkt zu werden.

Und es gefiel mir nicht.

Also habe ich das gemacht, was ich immer mache, wenn ich befürchte, mental gerade auf die „dunkle Seite“ abzudriften: ich spiele „1, 2 oder 3“ und stelle mich dorthin, wo das Licht angeht. Das ist im Grunde der gleiche Tipp, wie der, dass man nie melancholische Musik hören soll, wenn man sich gerade melancholisch fühlt, sondern bestenfalls eben genau das Gegenteil davon. Ich meine: zu „Come On Over“ von Christina Aguilera kann einfach schlecht flennen, hab ich recht? Eben.

Eigentlich hätte ich also gestern Abend eine Runde Yoga einlegen oder ein gutes Buch in die Hand nehmen und damit in eine andere Welt eintauchen müssen. Aber weil ich schon im Bett lag und mein Körper ja doch irgendwie schwer war, bin ich am Handy kleben geblieben und habe mich durch die wundervollen Zeilen von  @life_of_pea geklickt, meinem persönlichen Instagramhighlight – im wahrsten Sinne des Wortes -, das ich Euch vor geraumer Zeit schon mal ans Herz legte. (Wenn Euer Englisch also halbwegs passabel ist und auch, wenn Ihr gar keinen Instagram-Account habt, dann solltet Ihr dort unbedingt mal querlesen, es lohnt sich wirklich!)

Und ohne, dass ich dem Päckchen vorweggreifen mag, das sie selbst tragen muss: sie beschäftigte sich vor kurzer Zeit mit einem völlig anderen Thema, nämlich: Neid. Aber es kam für mich trotzdem gerade zum rechten Zeitpunkt, denn: obwohl ich keineswegs das Gefühl hatte, von Neid geplagt zu sein, fühlte ich mich von ihrer Metaphorik doch sehr gut abgeholt.

Sie schrieb: 

„Imagine you are walking down your street and you notice that all the houses have smashed windows. Our mind instantly thinks ‘Oh wow, I hope my house hasn’t had its windows smashed’. (…) and we are ultimately relieved that our house is ok. Now imagine that you are told that only one house on your street has been broken into, our mind of self cherishing leaps in again and says ‘I hope it’s not my house!’

und weiter:

“(…) Self cherishing is the mind that values my things greater than it values others, whether that be my house, my car, my family, my idea, my religion or my country.”

Und genau da lag vielleicht der Hase im Pfeffer: mein Hirn freute sich so sehr über einen substanziellen Gedanken wie diesen, dass es beschloss, den Furz mit der Austauschbarkeit zur Seite zu schieben und sich stattdessen der Frage zu widmen, wieso es einigen Menschen so schwer fällt, anderen ihre Erfolge zu gönnen. Sei es bei der Familienplanung, sei es auf Instagram, sei es beim Realisieren der Bikinifigur oder auf der Arbeit: weswegen habe ich das Glück, mich leichter für andere mitfreuen zu können als die meisten?

Weswegen verbraten so viele Menschen ihre Lebensenergie lieber darauf, sich über den Erfolg anderer das Maul zu zerreißen oder das Haar in der Suppe zu suchen, anstatt es ihnen einfach zu gönnen? Ich sage nicht, dass ich davor gefeit bin. Ich sage: ich will es besser machen.

Weil, es ist ja so: wenn sich Cynthia Alexa kacke fühlt bei dem Erfolg, den Susan Destiny mit ihrem Nagelstudio hat, wenn sie sich darüber ärgert oder sich diesem Neid hingibt – dann ändert das ja trotzdem nichts am Erfolg oder dem Glück von Susan Destiny, richtig? Wenn es also doch eh nichts ändert – was nützt es dann?

Cynthia fühlt sich scheiße, aber Susan ist immer noch happy. Zack.
Neid nutzt also nichts, weil er niemandem hilft, noch nicht mal dem Neidhammel selbst.

Das vermeintlich Beste, was Cynthia in dieser Situation jetzt also noch passieren kann, ist, ein, zwei Verbündete zu finden, die Bock darauf haben, sich ihre Neidhammelparolen anzuhören und ein bisschen an ihren „bad vibes“ zu partizipieren. Was sich aber – auch, wenn es auf den ersten Blick verlockend erscheinen mag – wahrscheinlich als ziemlich ernüchternde Idee herausstellen würde und ziemlich sicher auch nur äußerst kurzfristig Abhilfe schaffen könnte. Und so bleibt Cynthias Probem bestehen.

Merkt Ihr? Streng genommen ist es vergeudete Zeit für alle von ihnen.

Womit ich persönlich immer ganz gut fahre, ist, mich fern zu halten von Leuten, die „bad vibes“ verteilen wie Freikarten für Zirkusbesuche. Denn wer immer nur unzufrieden ist oder neidisch, der steckt andere damit an.

Was mir im Dialog mit anderen über Dritte außerdem hilft, ist das Gedankenspiel, dass die betreffende Person mithören könnte. Wie würdest Du also über sie reden, stünde sie plötzlich neben Dir? Noch genauso? Dieses regelmäßige Abklopfen kann einen vor einer mittelschweren Katastrophen bewahren.
Und was man sich auch bewusst machen muss: am Ende befindet sich jeder von uns auf seiner ganz eigenen Reise, von der wir weder wissen, wie sie verlaufen, noch, wann sie enden wird. Das Glück und der Erfolg im Leben anderer bedeutet nicht, dass damit das Glück und der Erfolg des eigenen Lebens geschmälert oder gefährdet wird.

Im besten Falle dienen sie als Inspiration oder wecken allenfalls den eigenen, sportlichen Ehrgeiz. („Das kann ich auch, sogar besser, guck!“)

Worauf neidisch sein?

Ich weiß nicht, ob diese Überzeugungen des Rätsels Lösung sind. Vielleicht gibt es noch einige Punkte mehr, bestimmt sogar.

Aber es kann nicht schaden, sich zumindest diese Haltung zu verinnerlichen: sucht Kontakte zu Menschen, die vor Optimismus und Lebensfreude sprühen. Denn unabhängig von Schulbildung oder Einkommen oder Familienstand: Leute, die einer Aufgabe nachgehen, die ihnen Spaß macht und die sie erfüllt, die mit sich selbst zufrieden und im Reinen sind, sind die wertvollsten Kontakte, die man haben kann. Man ist niemandem gegenüber verpflichtet, man muss nicht mit denen rumhängen, die einen runterziehen.

Und wenn man dann noch ein bisschen auf das achtet, was man isst und ab und an mal vor die Tür geht um tief einzuatmen, dann – bin ich mir sicher – wirkt das wie eine Vitaminspritze für die Lebensfreude.