Habe gerade das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit anderthalb Stunden am Stück mit einer Freundin telefoniert. Und das, ohne von einem: „Mamaaa?“ oder einem: „MAMAAA!“ oder einem: „MA-MAA-HA!“ unterbrochen zu werden. Einfach so.

Und wir kamen an hundert verschiedenen Themen vorbei.
Unter anderem auch an dem, wie unser Leben vor den Kindern war.

Und wenn ich mich das so tippen sehe – vor den Kindern – dann erinnert mich das an diese Tuppermutter, bei der ich vor Jahren mal zusammen mit meiner eigenen Mama zu einer dieser Verkaufspartys eingeladen war.

Wie lecker fand ich den Dip, der zu den Rohkoststicks gereicht wurde.

Und wie sympathisch, als sie mir dann mit einem Anflug von Stolz und Ausgefuchstheit in der Stimme zuflüsterte, dass es einfach nur eine Instant-Zwiebelsuppe von Maggi war, die sie da in den Quark gerührt hatte.

„Vor den Kindern hatte ich für sowas mehr Zeit“, hat sie gesagt. „Heute musste es schnell gehen.“

Und meine Mama und ich saßen an diesem hübsch dekorierten Gartentisch und haben uns berieseln lassen und ungefähr da muss es gewesen sein, dass ich mir die Frage stellte, ob diese Frau da vorne wohl glücklicher war als ich.

Nicht, dass ich zu diesem Zeitpunkt unglücklich gewesen wäre.

Aber die Dame mit dem rundlichen Gesicht und den freundlichen Augen, die jedem wie ein aufgescheuchtes Huhn einen Eierbecher aus Nobelplastik an den Platz brachte, wirkte so… Bei sich.

So zufrieden. So sicher.

„Vor den Kindern hatte ich mehr Zeit“, wiederholte ich innerlich.

Die Arme.

Ich hingegen – mit 20 etwa – hatte Zeit zum Musikhören, oder einfach dafür, ziellos mit dem Auto durch die Nacht zu fahren und dabei zu rauchen und wichtige Gespräche bis in die Morgenstunden hinein zu führen.

Ich hatte Zeit, um mir gründlich die Beine zu enthaaren oder für Smokey Eyes oder ein gutes Buch.
Ich hatte Zeit bis nachts um drei und morgens ab elf. Ich hatte Zeit, aber mein Leben war ausgefüllt.

Mein Leben ist genau so voll wie ihres, habe ich gedacht. Wie kann es dann sein, dass sie glücklicher wirkt als ich?

Und heute – jetzt, wo ich selbst Kinder habe – weiß ich, warum das so war:

mein Leben war ausgefüllt.

Aber ihres war erfüllt.

Und ich meine: ich werde niemals eine Tupperparty schmeißen, aber Gott, bin ich froh, dass Minne diesen Quarkdip genau so liebt wie ich.

 

Mein Shirt war seinerzeit von H&M.